Montag, 12. Februar 2007

Von Kinderspielen

Am vergangenen Silvester begab es sich, dass irgendwer (vielleicht war es sogar ich? Ich erinnere mich nicht mehr) irgendwann vorschlug, wir könnten doch Reise nach Jerusalem spielen. Immerhin war Twister ja eh schon Teil der Tagesordnung, also wäre Reise nach Jerusalem sowieso nicht so weit hergeholt. Und wir waren alkoholisiert, mehr oder weniger stark. Und wir spielten es tatsächlich.

Wir sammelten also Mitspieler und stellten die entsprechende Anzahl von Stühlen auf - Spieler minus eins. Jemand setzte sich an den Laptop und ließ Musik anlaufen - und die Spieler liefen los. Im Kollektiv. Allesamt. Eine Richtung. Auf Socken. Der Boden war rutschig, die Bedingungen waren schwierig. Aber wir liefen. Es flogen die Leute im hohen Bogen raus, als man sich um die Plätze stritt. Ein Mal sprang eine Mitspielerin über die gesamte Stuhlreihe, nur um den letzten Platz doch nicht zu bekommen. (Dabei wären übrigens fast Leute gestorben, um das mal zu dramatisieren.) Die Musik lief immer länger, und die Sitzpausen wurden immer kürzer, und mir brach sehr früh der Schweiss aus. Was auch damit zu tun hatte, dass die Rausgeflogenen anfingen so Dinge reinzurufen wie "Auf einem Bein Hüpfen!" oder "Linke Hand auf dem Fußboden!". Das witzigste hieran war, dass das tatsächlich alle gemacht haben. "Richtungswechsel! Nochmal Richtungswechsel! Und WIEDER Richtungswechsel!" Im Viertelfinale (noch vier Kandidaten dabei) flog ich dann raus, als letzter Vertreter der Männer.

Die verbliebenen drei Frauen fochten das ganze unter sich aus, aber ich hatte Blut geleckt und forderte eine zweite Runde. Die gab es dann auch.

Es spielten weniger Leute mit, aber es wurde spannender. Das Tempo wurde angezogen, und die Sitzpausen waren abermals kürzer. Ich schwitzte zu dieser Zeit so, dass es mir von der Stirn perlte - bäh. Jedenfalls musste ich an zwei Musikpausen doch tatsächlich Leute mit aller Kraft wegstoßen, um im Spiel zu bleiben.

Ich schaffte es ins Finale, gegen meinen Gitarre spielenden Freund, von dem ich im letzten Beitrag schon erzählte. Man ließ uns bestimmt zwölf mal die Richtung wechseln, ebenso oft das Bein, auf dem zu hüpfen war. Wir rannten und rannten - bis die Musik ausging. Zwei Genies, ein Gedanke - anstatt dass wir beide auf den Stuhl zusprangen (was eh ungünstig war - wir standen so, dass keiner von uns beiden sich hätte setzen können, die Armlehnen waren im Weg), grabschten wir einfach nach dem Stuhl und zerrten ihn jeweils an uns. Die Moral von der Geschicht war, dass ich am Ende auf dem Stuhl saß, also physisch darüber, aber der Gitarrist auf der Sitzfläche saß - auch, wenn die Sitzfläche so ziemlich der niedrigste Punkt des Stuhles war. Es war eine seltsame Konstruktion, die wir da gebaut hatten, und im Endeffekt kann ich wohl nur sagen, dass ich auch in dieser Runde nicht gewonnen habe.

Aber ich merke, dass ich nach wie vor Sportler bin. Ehrgeizig. Nicht verlierfähig (oder so, bin ja kein Deutschlehrer). Anspornbar.

Und ich merke, dass ich nach wie vor gern Kind bin. Reise nach Jerusalem, wie bescheuert. Was glaubt ihr, wie ich mich gefreut habe, als eine Freundin neulich meinte, dass sie auf ihrem Geburtstag Topfschlagen spielen möchte. Kinderspiele sind toll!

Von Musik

Dieser Eintrag wurde vorhin bereits einmal verfasst, ist aber leider in unglaubliche Ausmaße explodiert. Hier ein zweiter Versuch.

An vielen Tagen saß ich bereits in geselliger Runde und erfreute mich angenehmer Musik. Meistens war das dann eine Gruppe von sechs bis zwölf Leuten, eine Gitarre und mindestens fünf Singstimmen. Als Amateure klangen wir herzlich selten wirklich gut, aber Spaß gemacht hat es immer.

Nun ist die Gitarre, die meist Teil dieser Runden war, ist und sein wird, Eigentum eines Freundes von mir. Er und ich haben ein paar Lieder in unserem ganz persönlichen Repertoire, die wir gerne zusammen auch mal spielen. Wir singen, er spielt. Und es macht Spaß.

Darunter sind einige sehr schöne Lieder ("Outloud" von Dispatch oder "Chasing Cars" von Snow Patrol), die mir sehr am Herzen liegen, die ich diesem Freund nahe gelegt habe, weil ich unbedingt mal Teil der Reproduktion dieser wundervollen Werke sein wollte. Darunter sind auch einige sehr fetzige und beizeiten witzige Lieder (so z.B. das Rock 'n Roll-Realschule-Medley von den Ärzten, einiges von Die Doofen, etc.), die immer wieder Stimmung machen.

Nun gibt es viele Lieder, die ich gerne noch selber mitsingen möchte. Es gibt viele Lieder, die reproduziert werden sollen. Live, in meinem Beisein, mit meiner Mitarbeit. Auch, wenn wir Amateure sind.
Aber dann gibt es da noch ein Lied. Mein Lied. Das Lied, das mich darstellt. Mich, in all meinen Facetten und Nuancen; mich und alle die Seiten und Gesichter an mir, die ich kenne. Ich glaube, wenn ich dieses Lied spielen und singen könnte, wäre ich im ultimativen Glücksstadium. Oder vielleicht eher im Stadium der Erfülltheit? Wie man es auch nennen mag.

Fakt ist aber, dass ich das nicht will. In keinem Fall. Das Lied ist, so wie es ist, nunmal perfekt. Es ist vollständig. Was könnte ich dem Lied schon hinzufügen? Warum würde ich es verändern wollen? Eben... Es fehlt ja nichts. Never touch a running system.

Nicht alles kann verbessert werden. Manche Dinge sind halt vollkommen. Dazu gehört manche Geschichte, manches Bild und manche Musik.

Perfekt.

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