Freitag, 16. Februar 2007

Von Früh

Freitagmorgen, acht Uhr zweiundzwanzig. Nachdem ich bereits zwei Mal meinem Mobiltelefon sagte, es solle doch gleich nochmal versuchen, mich zum aufstehen zu bewegen, sah ich - ohne, dass das Telefon mich dazu genötigt hätte, auf den Radiowecker, der in genau drei Minuten mit einem lokalen Radiosender losplärren sollte. Ah, korrigiere - zwei Minuten. Ich stöhnte und drehte mich noch ein Mal um, schob den Kopf so tief es ging in mein Kissen hinein und seufzte, wahrscheinlich ungehört. Dann drehte ich mich in einer schnellen Bewegung um und schwang die Beine über die Bettkante, nur um sie dann auf den kalten Laminatboden zu setzen. Ich legte fest, dass ich dringend eine angenehmere Bodenkonsistenz so nah an meinem Bett bräuchte. Oder ich könnte mir angewöhnen, meine verdammten Hausschuhe näher am Bett zu platzieren. Warum lasse ich die Hausschuhe eigentlich immer am Schreibtisch stehen, wenn ich mich ins Bett lege? Warum frieren meine Füße dann nicht?

Ich hörte auf, über diese wichtigen Fragen zu sinnieren und schwankte zum linken meiner zwei Fenster. Ich zerrte an dem Band, das die Höhe der Rolladen justieren ließ, und schon der erste Spalt Licht schlug mir ins Gesicht wie eine wütende Ehefrau viele Jahre nach der idealen Scheidungszeit. Tapfer zog ich weiter, und das Holz, das meine Nächte so schön dunkel und durchschlafbar macht, verschwand völlig.

Es war draußen vergleichsweise zu meinem Schlafzimmer so dermaßen hell, dass ich mich - wie jeden Morgen - erstmal mit meinem linken Arm vor der Helligkeit schützen musste, während meine rechte Hand sich vom Schreibtisch an den Regalen zur Tür zum Flur vortastet. Währenddessen schimpft eine Gehirnhälfte, ich stünde ja am Schreibtisch, also solle ich gefälligst meine Hausschuhe anziehen - was ich auch tat! - weil die Füße nach wie vor frören. Die andere Gehirnhälfte schläft noch.

Der Rest war ebenso Routine. Ich duschte warm und lange, schlurfte im Bademantel in mein Zimmer zurück, und zwar in Hausschuhen - der Flur ist immer so kalt - wo die Uhr acht uhr achtundvierzig anzeigte. Ich zog Kleidung in der korrekten und durchaus gesellschaftsüblichen Reihenfolge an und betrachtete mein verschlafenes Gesicht im Spiegel, während ich es eincremte - eine alte Notwendigkeit aus Tagen starker Hautkrankheit. Acht uhr fünfzig.

Ich schlurfte in die Küche, aß zwei Schüsseln Müsli. Die benutzten Gegenstände platzierte ich vorsichtig im Küchenwaschbecken - der Stapel war recht hoch, nachdem gestern groß gekocht und nicht abgewaschen wurde.

Ich wanderte zurück in mein Zimmer, wo der Radiowecker zu seiner neu eingestellten Zeit, nämlich neun uhr, ansprang und gar scheußliche Töne von sich gab. Tokio Hotel? Nein nein, der Sender war nicht richtig eingestellt, oder die Antenne hing anders. Im Endeffekt ist es egal, zumal durch eine kleine Senderkorrektur die Töne wesentlich angenehmer wurde. Das verstellte Radio wird also kein Mysterium sein, das mich sehr lange plagen wird.

Ich vertrödelte die Zeit, die noch über war, mit ein wenig Aufräumarbeit. Um neun uhr vierundzwanzig schnürte ich meine Schuhe, griff nach der Jacke, steckte den rechten Arm in den dazu passenden Ärmel und ließ die Jacke dann schwungvoll um mich herumgleiten, um dann den linken Arm dort zu platzieren, wo er hingehörte. Ich packte meine Papiere für die universitären Veranstaltungen des Tages ein und verließ so das Haus um neun uhr einunddreißig.

Und nein - mehr steht hier wirklich nicht.

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