Vom Phön

Wer sich jetzt den Titel ansieht und denkt, ich spräche vom Haartrockner der Marke AEG (nämlich Fön) oder dem heißen Wind, der mal in gewissen Erdteilen weht (nämlich Föhn), der irrt. Ich meine in der Tat das Phön. Was ist ein Phön? Tja, meine Lieben, lasst mich etwas ausholen. Gargamel hasste die Schlümpfe ja schonmal sehr, und nun hasst er sie wieder. Und WIE er die Schlümpfe hasst!

Ich kann mitunter zwei Dinge nicht ausstehen, und sie gehen oft Hand in Hand einher. Erstens: Generalisierungen, Verallgemeinerungen, Schubladensysteme und Kategorisierungen von Menschen. Zweitens: Klischees.
Wenn ich den Spruch "jaja, MÄNNER" nur höre, will ich direkt jemandem einen Zahn ziehen - weil er mich betrifft. Aber selbst, wenn jemand sowas sagt wie "ja, die Türken" oder "die Jugend von heute" - was mich beides nicht betrifft - habe ich einfach das Bedürfnis, mit etwas zu werfen. Und zwar fest.

Warum? Weil es unfair ist. Es ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit. Das muss ich gar nicht weiter ausführen. Wenn es sich Leute einfach machen, indem sie alles und jeden über einen Kamm scheren, wie es gerade passt, dann werde ich halt stinkig. Egal, ob es mich nun betrifft oder nicht.

Was aber noch viel schlimmer ist, sind die Leute, die dann dafür sorgen, dass es diese Verallgemeinerungen und Klischees überhaupt erst gibt. Männer, die zu keiner Diskussion außerhalb der Gebiete Fußball, Autos und Brüsten fähig sind. Ausländer, die sich so zurückziehen, dass sie ewig fremd bleiben. Jugendliche, die Scheiben einschmeißen, Fußbälle aufschlitzen und Fahrradventile klauen.

Zum Beispiel gibt es da den jungen Mann, der da an meiner Universität studiert. Ein zuckersüßes Persönchen, der er freundlich wie kein zweiter, mit keinem bösen Wort oder Gedanken jemals liebäugelte und die Universität als höhere Bildungsinstitution nutzt. Und schwul. Aber sowas von. Er erfüllt einfach jedes Schwulen-Klischee, das man sich ausdenken kann. Und ich finde das furchtbar. Nicht, weil er deswegen ein schlechter Mensch wäre, ganz im Gegenteil, er ist wundervoll. Aber er ist anstrengend, ich komme nicht mit ihm klar. Das ist dann Inkompatibilität. Viel schlimmer ist aber, dass ich, wenn ich ihn so sehe, auch das Gefühl kriege, ich müsste dann so Dinge sagen wie "ach, die Schwulen wieder". Und das soll NICHT passieren.

Noch viel schlimmer ist der junge Mann, der mit mir in zweierlei Veranstaltungen sitzt. Nennen wir ihn mal Richard (so heißt er natürlich nicht). Der Richard trägt voller Stolz auf der Brust, dass er aus einem der neuen Bundesländer kommt. Kein Problem - war noch nie ein Anlass, jemanden nieder zu machen. Nicht für mich.

Aber WARUM muss er denn die gängigen Klischees erfüllen? Warum muss er so Dinge sagen wie "dröben wöh ölles bessa"? Warum muss er, wie oft parodiert wird, reden und aussehen wie der Darth Vader-Verschnitt aus "Traumschiff - Periode I"? Warum muss er dämliche Fragen stellen, die schon mehrfach erklärt wurden? Und warum fragt er, als Linguist, der die Antwort auf die Frage, was denn ein Phon, ein Phonem und ein Allophon sind und wie diese Dinge zu einander stehen bereits kennt, die Frage nochmal?

"We wördense d'n Phön döf'niern?"

Nachtrag: Ich kann nicht von mir behaupten, dass ich das sächsische Nachmachen oder gar niederschreiben kann. Das ist frei erfunden, von mir. Aber sprechen tut er wirklich so. Verphönt und zugenäht.
Mamo (Gast) - 7. Feb, 11:49

Klischee-Phobie? *g*

Hey du

Ich erinnere mich noch ganz gern an deine Phobie gegen Klischees. Du wolltest nie einem entsprechen und aber auch andere nicht danach beurteilen.
Und so kams, dass du bei mir ne eigene Schublade bekommen hast *g*
Leider ist es ja meist doch nicht so einfach, wie man immer hofft. Aber du packst das schon, bau einfach für solche Leute eine Klischee-Schublade *g*


*knuddel*

Another Hero (Gast) - 7. Feb, 13:52

Schwul wie ne Puderquaste ...

Also, Schwule sind zwar nicht das Hauptthema des Blog-Eintrags, kommen aber vor. Und da ich letzte Nacht sehr intensiv mit einer Freundin über Schwule sprach, bin ich jetzt so von diesem Thema erfüllt, dass ich dazu etwas schreiben will. Ob's passt oder nicht. ;o)
Ich bin und war schon immer jemand, der Schwule irgendwie anzieht. Wir hatten drei Stück im Jahrgang (was, so sagten sie mir, ziemlich genau den Prozentsatz allgemein in Deutschland oder auf der Welt oder was auch immer wiederspiegelt). Ich wusste in meinem jugendlichen Leichtsinn nichts von ihren Vorlieben. Und sie gehörten alle drei zu meinen besten Freunden. Ich ziehe sie an und sie ziehen mich an. Irgendwann werden sie auch noch zu meinem Verhängnis. Immerhin hab ich schon ca. zwei Jahre unglücklich verliebt in einen verbracht. Recht ausweglos ...
Doch was ich eigentlich sagen will ist, dass jener Mensch, von dem du erzähltest, gar nicht mal alle Klischees bedient.
Ich besuchte meinen damals besten (schwulen) Freund an seinem Studienort und da er sich damals noch in der Coming Out Orientierungsphase befand, ging er mal zu einem Treffen von Schwulen und Lesben. So Selbsthilfegruppen- und Kennenlerngruppenartig. Trugen den schönen Namen "Rosenkinder".
Zunächst einmal: Ich fühlte mich glaube ich noch nie in meinem ganzen Leben fehler am Platz als da.
Desweiteren - und das ist mein Punkt: DA, mein Lieber, gab es tatsächlich Menschen, wo es wirkte, als hätten sie sich alle Klischees, Vorurteile etc. aufgehschrieben und sie akriebisch abgehakt, um sie bestmöglichst zu erfüllen. Da habe ich Sachen gesehen, das gibts ja gar nicht. Schwul wie zehn Frisöre. Ganz krass.
(Mein Freund übrigens gehörte nicht dazu. Er war einfach nur schwul. Zwar mit Gaydar bemerkbar, aber beileibe nicht so extrem.)
Und gegen diese Menschen dort war jener Mensch, von dem du sprachst und den ich - wenn auch nur sehr flüchtig - kennenlernte, nichts. Aber rein gar nichts. Der war dagegen schon fast hetero ;o).

Ich versuche jetzt mal grade noch eine sinnvolle Quintessenz aus dem ganzen zu ziehen - damit es halbwegs passt ...
Ach ja.
Ich denke mal, dass selten jemand ALLE Klischees der Gruppierung, denen er oder sie offensichtlich zugehörig ist, erfüllt. Meist sind es einige, mal wenige, mal sehr viele - alle jedoch selten. Jeder ist in irgendeiner Weise immer noch individuell.
Andererseits kann man sich gewissen Klischees auch nicht erwehren. Wer mich kennt, wird zB zugeben müssen, dass ich zwar ganz klar der Gruppierung "Weiblich und unter 25" oder so zugehörig bin, aber eigentlich eher wenige Klischees, die man dieser Gruppe zuordnet, erfülle. Andererseits erfülle ich schon ein paar. Auch wenn ich nicht will. Auch wenn es kleine, unbedeutende sind. Ich erfülle sie.
Denn man muss immer daran denken: Klischees und Vorurteile, die man über irgendetwas hat, egal was - Nationalitäten, Tiere, Menschen ... - entstehen nicht von ungefähr. Irgendwas ist dran.
Und das macht ja auch nichts, wenn man es nicht übertreibt. Denn dann kann es wirklich nerven.

Das passt jetzt wirklich nicht so besonders gut hierhin ... es ist mal wieder mit mir durchgegangen ...
Ich sollte jetzt eh weiter arbeiten, anstatt mich davon abzulenken ... :o)

waszum - 8. Feb, 02:17

Natürlich gehöre ich, wie auch du und jeder andere, mehreren Kategorien an. Männlich, jung, reist allein. Ist schon häufig vorgekommen, dass man mich deswegen aussortiert und am Flughafen gefilzt hat.

Es geht nicht darum, ob man Kategorien angehört oder nicht, weil sich die Frage erübrigt. Es geht darum, dass man Kategorien zugewiesen bekommt, in die man eben NICHT gehört. Am Ende unterscheidet mich immer so viel von allen anderen männlichen, jungen, alleinreisenden Flugzeugpassagieren, dass ich gar nicht mit den eben genannten Herren in eine Gruppe oder Kategorie gehöre. Genau so, wie eben jene Herren nicht in diese Kategorie gehören.

Wobei, eigentlich gehören sie doch in die Kategorie. Was eigentlich wichtig ist, ist die Tatsache, dass die Kategorie absolut scheissegal ist. Genau wie schwul, Ossi, Mann, Naturschützer oder Vegetarier. Das, was die Leute in eben jene Kategorien einbindet ist NICHT das, was diese Leute ausmacht.

Und ich glaube, insoweit stimmen wir überein :)
Solskin (Gast) - 8. Feb, 00:10

Klischeeschublade

Die Idee einer Klischeeschublade f+ür klischeehafte Einordner ist keine schlechte Idee. Ich sehe mich in meinem nicht mehr lange so bestehenden häuslichen Umfeld tagtäglich mit Schubladisierung der unmöglichsten Art konfrontiert. Und soll ich dir mal was sagen? Irgendwann wurde so viel und so differenziert einsortiert, etikettiert, klischeeisiert und schematisiert, dass ich mich fragte (unfreiwillig), ob ich denn falsch ticke und ob ich mir zu wenige Gedanken darüber mache, wie denn meine Mitmenschen einzuordnen seien, da ich allzu oft dazu tendiere, Menschen verschiedenster Art einfach so sein zu lassen und es hinzunehmen.
Vor allem wurde ich übermäßig mit "typisch Mann" Sätzen konfrontiert und je länger ich Ms Schublade kenne, umso mehr fällt mir an ihrem klischeehaft femininen Männerhass doch auf, dass es eher die Sehnsucht ist nach einem Freund, wie armselig so etwas so auszudrücken.

Was deine Ossiklischees angeht, so muss ich mir selbst in den Arsch treten, da ich leider vor allem ostdeutsche Frauen gerne und viel über einen Kamm schere, denn bisher hat es wirklich keine geschafft dieses Klischee zu neutralisieren...Seltsam...

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