Lieber Vater,
heute, wie jedes Jahr an diesem Tag, bin ich wieder hier, bei Dir. Ich besuche Dich nicht so oft, wie ich es vielleicht könnte, aber das macht nichts. Ich weiß ja, dass Du jeden Besuch schätzt. Außerdem habe ich noch keinen Besuch verschoben - Du weißt genau, dass Du dich auf mich verlassen kannst.
Seit Deinem Tod vor sechs Jahren (Ja, es sind schon sechs Jahre, obwohl es mir wie viel weniger vorkommt) hat sich so viel in meinem Leben getan. Vieles weißt Du schon; heute erzähle ich dir wieder ein paar neue Dinge. Das schönste ist, dass Du dir alles merkst und ich weiß, dass es Dich auch kümmert.
Ich war noch nie zu solch später Stunde bei Dir, wobei natürlich nicht die Stunde wirklich spät ist, sondern im Dezember die Sonne einfach nicht lange zugegen ist. Sonst bin ich immer bei Dir, wenn es draußen hell ist, selbst im Winter vergangener Jahre. Nun ist es richtig dunkel, und ich sehe so gerade eben die Hand vor Augen.
Aber es ist wirklich schön hier, bei Dir. Ich stehe gern vor Deinem Grab und betrachte die Umgebung. Rund angelegt, selbst im Winter sehr grün bewachsen und ruhig. Die Ruhe tut Dir sicherlich gut. Der Stein ist schön, und das Grablicht, das ich mitgebracht habe, spiegelt sich im Marmor. Ansonsten ist alles dunkel.
Es ist kalt, aber das merke ich nicht wirklich. Es ist still, aber das stört nicht.
Ich genieße es, hier zu sein. Hier, bei Dir. Mir kann nichts passieren, denn hier erreicht mich kein Schmerz, keine Sorge und keine Schwierigkeit. Nach all dieser Zeit seit Deinem Abschied bist Du nach wie vor eine Quelle der Ruhe, der Kraft und der Entspannung, und das mehr, als ich es mir jemals hätte vorstellen können.
Dafür danke ich Dir.
Ich werde Dich bald wieder besuchen. Bis dahin verbleibe ich, in stillem Gedenken Deiner,
Dein Sohn
Wenn guten Freunden Gutes widerfährt, kann man sich mitfreuen. Sollte man auch.
Die Freundin, um die es dieses Mal geht, ist eben das: Eine Freundin, und eine gute. Vielleicht nicht so gut, wie ich es gern hätte, aber wir haben einander schon ganz gern, nicht wahr? Fein.
Diese Freundin erzählte mir heute einen Schwank aus ihrem Leben, einen sehr aktuellen Schwank. Heute war für sie ein ausgezeichneter Tag: Es gab für sie Komplimente von den richtigen Leuten, man hat eine professionelle Tür aufgestoßen und sie gebeten, doch hereinzukommen und schlußendlich hat man ihr sogar eine Hiwi-Stelle angeboten. Herzlichen Glückwunsch!
Da fragt man sich jetzt vielleicht: "Was labert der eigentlich von irgendeiner Freundin? Ich denk das ist sein Blog, nicht ihres?" Stimmt, aber der Teil, der sich auf mich bezieht, kommt jetzt.
Ich konnte mich wirklich, wirklich für sie freuen. Nicht so wie damals, in der Schulzeit, wenn Leute erzählt haben, dass sie weniger Fahrstunden als ich brauchten, und ich deswegen neidisch wurde. Nicht so wie damals, beim Fußball, wenn meine Mannschaftskameraden tolle Dinge konnten, die ich nicht konnte, und ich deswegen neidisch wurde. Nicht so wie damals, wenn meine Mitschüler von der Ausmusterung sprachen, und ich als tauglich gemustert wurde, und ich deswegen neidisch wurde.
Klar, das ist Jahre her, und natürlich habe ich an Reife dazugewonnen. Ich finde dennoch, dass es ein wichtiger Schritt ist. Ich habe die Fähigkeit erlangt, anderen Leuten etwas gönnen zu können, ohne selbst auch nur das kleinste Bisschen Profit daraus zu schlagen oder gar auf Profit zu spekulieren. Dass es einer guten Freundin besser geht, sollte als Belohnung reichen. Und endlich, endlich tut es das auch. Es fühlt sich sehr gut an, nicht neidisch zu sein, und ich denke, darauf kann ich stolz sein.
Ich hab keine Ahnung, was es ist, aber irgendwas... ist halt. Auf die Frage: "Was ist?" muss ich antworten "etwas", weil "nichts" gelogen wäre, aber was dieses "etwas" nun ist, weiß ich nicht.
Ich habe seit etwa anderthalb Stunden ein seltsames Gefühl, das sich durch meinen Körper bewegt, von den Beinen bis in die Haarspitzen, dann in die Hände oder die Knie... Alles in allem ist es aber trotzdem kein Unwohlsein, sondern nur etwas... seltsames.
Ob nun etwas fehlt oder etwas da ist, was nicht da sein sollte, kann ich nicht wirklich feststellen. Irgendwas ist halt. Dabei gibt es gar keinen Grund für sowas. Also, für etwas. Was auch immer es ist.
Ich bin ein Serienjunkie, das ist kein Geheimnis - in einer Aktion vor ein paar Tagen, bei der ich für meine Liebste alle Serien auflistete, die ich regelmäßig schaue (sie wollte es so!), habe ich eine recht lange Liste hervorgebracht. In all diesen Serien, die vielen Genres angehören, von der Komödie über das Drama und Science-Fiction zum Actionfeuerwerk hin, passiert zu irgendeinem Zeitpunkt fast immer etwas grauenvolles: Jemand geliebtes stirbt.
Es ist unfassbar, wie gut Schauspieler, Drehbuchautoren und Regisseure zusammenarbeiten, um etwas zu kreieren, was einem so richtig in Mark und Bein geht. Ich bin wieder einmal erstaunt, wie schön der Tod und die Trauer inszeniert werden können.
Ich kenne Trauer, ich weiß, wie sie sich anfühlt und ich brauche das auch niemandem zu erklären, weil es nicht wirklich zu erklären ist, aber aus der Erfahrung, die ich gemacht habe, kann ich sagen, dass ein Tod und die damit verbundene Trauer in einer Fernsehserie, die man regelmäßig verfolgt, sehr echt auf den Zuschauer wirkt oder wirken kann. Ich bin davon fasziniert. Und ich bin froh, dass die Thematik so schön dargestellt wird - Trauer ist eine Sache, mit der man wirklich nicht herumpfuschen sollte.
R.I.P.
Fallen Heroes
Wenn ich in meine Regale schaue, sehe ich da Dinge wie... Naja, zum Beispiel Romane! Das eine oder andere Sach- und Fachbuch, einen Satz Comics (Tim und Struppi - da bin ich sehr stolz drauf!), ein Paar Wörterbücher und meine preisgekrönten Hausarbeiten aus der anglistischen Literaturwissenschaft.
So Dinge lese ich also. Ich finde, das klingt sinnvoll. Andere Leute lesen andere Dinge, aber wer liest bitteschön Telefonbücher? Es muss Leute geben, die das zum Spaß tun, und es gibt sie zuhauf. Das sind nämlich die selben Leute, die Anwesenheitslisten in Seminaren und Vorlesungen lesen.
An alle, die das tun: IHR SEID PENNER! Wenn der Dozent gezwungen ist, Anwesenheitslisten zu führen und der Kurs nur 90 Minuten Länge hat, dann ist es zeitlich einfach nicht drin, wenn jeder Idiot diese beschissene Liste durchliest. Sind 90 Minuten dann mal rum, haben nur 35% der Leute unterschrieben, weil irgendwelche Vollidioten der Meinung sind, nachschlagen zu müssen, "wer denn so im Kurs ist. Ach guck Mal, der XY Z ist hier. Wo sitzt der denn? Such den mal!"
Was soll der Schwachsinn? WARUM tut man sowas? Alle diejenigen, die noch nicht unterschreiben konnten, müssen sich jetzt um die Anwesenheitsliste scharen und hoffen, dass sie innerhalb der nächsten dreißig Minuten endlich den Hörsaal verlassen dürfen.
Wenn eine Liste von Namen so spannend ist, wäre ein Telefonbuch in meinen Augen eine sinnvollere Lektüre. Da sind Namen um ein vielfaches weiter gestreut, und wer weiß, vielleicht findet man ja seinen lang verlorenen Cousin? Oder einen Namen, der sexy klingt, mit der dazu passenden Telefonnummer. Lasst jedenfalls diese dämlichen Listen weiterlaufen, weil ich sonst irgendwann einen Hörsaalsitz von seiner Fassung schraube und durch die Gegend werfe, jawohl. Prost.
Da ich mit diesem Semester wiedermal mein Studienfach gewechselt habe, bin ich auch wiedermal Erstsemester. Da ich bisher nur in der Anglistik wirklich freunde gefunden habe und die anderen Fächer immer total außen vor blieben, dachte ich mir, ich mache es dieses Mal anders und versuche, Leute außerhalb der Anglistik kennenzulernen, mit denen ich mich abgeben mag. Also schloss ich mich der gestrigen Kneipentour an (die nur zwei Kneipen beinhaltete [oder beinhielt? Naja gut...]) und man unterhielt sich halt so.
Belangloses Geplänkele war an der Tagesordnung, Kennenlernrunden und so weiter und so weiter. Ich fand das sinnvoll.
Ich habe allein schon fünf oder sechs Leute ausmachen können, die zwar lieb und nett zu sein scheinen, aber die ich definitiv nicht als enge Freunde brauche.
Ich habe auch fünf oder sechs Leute ausmachen können, die ich nicht unbedingt wiedersehen muss.
Ich habe außerdem fünf oder sechs Leute ausmachen können, die wie Leute wirkten, mit denen man sich abgeben kann.
Ich habe einen Haufen an Namen gelernt (dabei bin ich doch so schlecht mit dem Lernen), weil diese Kennenlernrunden so seltsam gestaltet waren.
Vor allem aber habe ich wiedermal ein perfektes Beispiel dafür gefunden, dass Sprüche wie "Männer..." oder "Frauen..." die einzigen Klischee-bezogenen Sprüche zu sein scheinen, die man noch hervortrompeten kann, ohne sich dafür schämen zu müssen. Sieht zumindest die Mehrheit so.
Es hat nichtmal zwanzig Minuten nach der Vorstellungsrunde gedauert, bis man in meine Richtung ein "Männer..." schickte, weil ich mit mit einem anderen jungen Herrn über Sport unterhielt.
Wer mich kennt, der weiß, dass mich diese Sprüche aufregen, nerven und stören. Männer oder Frauen allgemein über einen Kamm zu scheren ist nicht weniger unangebracht als alle ausländischen Mitbürger, alle Fettleibigen oder alle Behinderten über einen Kamm zu scheren. Es ist zwar in der Gesellschaft weniger verpönt, Männer und Frauen in Schubladen zu stecken, weil ja jeder entweder ein Mann oder eine Frau ist (nicht jeder hingegen Ausländer, fettleibig oder behindert), aber das ändert nichts daran, dass ich mich nicht mit "Männern" allgemein auf eine Stufe stellen lassen muss. "Männer..." ist nämlich niemals freundlich gemeint, und ich muss mich genau so wenig per Analogie beleidigen lassen wie jeder andere Mensch auch.
... wenn man nichts tun kann.
Wenn man jemanden liebt und es geht dieser Person nicht gut, dann will man etwas tun, man will helfen und sich kümmern. Das geht nur leider nicht immer - ich habe leider keine Kapazitäten zum bekämpfen von Krankheiten oder körperlichen Leiden anderer Leute, das kann ich nur für mich selbst und jeder andere für sich.
Als Resultat muss man sich ablenken und mit etwas anderem beschäftigen, in der Hoffnung, dass morgen die Sonne scheint - vielleicht hilft das ja.
Gute Besserung, mein Liebling. Ich bin im Geiste bei dir.
Seit ich im Vorlesungsverzeichnis las, dass ein Hauptseminar in der Anglistischen Linguistik angeboten wird, zu dem ich einen sehr persönlichen Bezug habe, fiebere ich dem Vorlesungsbeginn ein wenig entgegen. Ich freue mich darauf, endlich wieder etwas zu tun, das nicht mit Latein zu tun hat (oder nur indirekt).
Das Hauptseminar ist nicht nur interessant für mich speziell, es wird auch noch von einer neuen Professorin angeboten. Ich bin ja immer etwas skeptisch gewesen - das Studium der Anglistik beginnt mit einem Männeranteil von zirka zehn Prozent (fünfzehn, wenn wir großzügig sind), die Lehrerstellen sind aber mehrheitlich mit Männern besetzt, die Professuren ausschließlich. Das ändert sich nun mit der Einstellung dieser Professorin.
Ich dachte mir also "cool, da kommt was neues von jemand neuem, das mache ich," denn man weiß ja, "neue Besen kehren gut!"
Gestern allerdings wurde mir ein wenig unangenehm. Die Dame bietet auch eine Vorlesung an, zu der ich dann auch ging, um sie mal kennen zu lernen, bevor ich mein erstes Hauptseminar überhaupt in Angriff nehme. Das Problem ist: Es war grauenhaft - der Besen scheint gebraucht von Ebay gekommen zu sein.
Ich habe Vorlesungen dieser Thematik (Einführung in die anglistische Linguistik) schonmal besucht, und diese Frau war absolut nicht gut. Ihre Stimme ist anstrengend anzuhören, aber das lag eventuell am zu lauten Mikrofon, wofür die Dame ja nichts kann - man hätte ihr das mitteilen müssen.
Dennoch war ihr Vortragsstil verwirrend (nicht für mich, ich bin ja kein Anfänger mehr, aber was ist mit anderen Leuten?), zum Beispiel verwendete sie eine unverschämte Anzahl von Fachworten, die sie dann so zwanzig, dreißig Minuten später erklärte.
Ihr Englisch war zwar stark, aber aussprachlich (zumindest in meinen Ohren) eine Art Mischung aus amerikanischem, irischem und deutschem Englisch.
Sie sagte am Anfang der Sitzung, dass alle sich im Hörsaal befindlichen Leute doch bitte so weit nach vorne rutschen sollten, wie möglich, damit sie die Antworten auf ihre Fragen auch versteht. Etwa zwanzig von 120 (oder so) gingen darauf ein - den Rest ignorierte sie also.
Ich denke ja, dass, wenn man Interaktion "erzwingen" möchte, man das auch durchziehen sollte.
Alles in allem kein gelungener Start für die neue Frau Professor. Das heißt aber nicht, dass alles verloren ist. Das Hauptseminar wird sicher toll, allein schon des Themas wegen. Außerdem ist da der Kurs kleiner und überhaupt - vielleicht ist Frau Professor nur nicht gut mit Einleitungen und Vorstellungen. Drückt mir die Daumen, sonst wird das Semester wesentlich weniger ertragreich, als ich mir das im Moment wünsche.